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Soziale Innovationen im ländlichen Raum

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Ländliche Regionen stehen vor eigenen Herausforderungen. Nicht selten sind es Vereine und örtliche Initiativen, die das Miteinander vor Ort tragen und mit neuen Ideen beleben. Ein gutes Beispiel dafür ist der Verein ‘auf weiter Flur‘ e.V. aus Augustusburg.

In vielen ländlichen Gebieten müssen Bewohner*innen weite Strecken zurücklegen, um grundlegende Dienstleistungen wie Bildung, Gesundheitsversorgung und Einkaufsmöglichkeiten zu erreichen. Oft entsteht so bei den Menschen der Eindruck, abgehängt zu sein. Gerade ältere Menschen drohen zu vereinsamen und der Zusammenhalt vor Ort schwindet. Eine unzureichende Infrastruktur bremst darüber hinaus die wirtschaftliche Entwicklung einer Region.

Die Region um Augustusburg östlich von Chemnitz kämpft mit eben jenen Herausforderungen. Dieser Entwicklung stellt sich der Verein ‘auf weiter Flur‘ mit dem Fokus auf Themen wie Bürgerbeteiligung und Stadtentwicklung entgegen. Kunst, Kultur, Bildung und Digitalisierung sind dabei die Handlungsfelder, mit denen das Team die Menschen des Ortes anspricht.

„Vereinsamung ist ein großes Thema im ländlichen Raum. Kontakte sind schwierig zu knüpfen. Wir versuchen, Menschen in Dialog zu bringen, indem wir Projekte und Aktivitäten organisieren, die sie zusammenbringen. Dabei setzen wir auf Workshops, kulturelle Veranstaltungen und gemeinschaftliche Projekte, die den sozialen Zusammenhalt fördern und neue Verbindungen schaffen“, erklärt Nadine Knödler, Projektleiterin bei ‘auf weiter Flur‘, den Ansatz des Vereins.

Begegnung ermöglichen und Menschen aktivieren

Ein besonders erfolgreiches Projekt ist die Einrichtung eines Makerspace im historischen Lehngericht von Augustusburg. Seine Räume bieten Technologien wie 3D-Drucker, Laserschneider, Plotter, Stickmaschine und CNC-Fräse und verbinden diese mit traditionellen Handwerkskünsten. Alle Einwohner*innen sind eingeladen, diese Möglichkeiten kreativ zu nutzen. „Die Textil- und Holzwerkstatt hat vor allem viele ältere Menschen begeistert, die sich wieder eingebunden fühlen und ihre Fähigkeiten an die Jüngeren weitergeben können. Der Wissenstransfer funktioniert aber auch andersherum“, berichtet die Projektleiterin. Der Makerspace hat sich mittlerweile zu einem lebendigen Treffpunkt entwickelt, der Menschen aus ihrer Isolation holt und ihnen die Möglichkeit gibt, sich aktiv zu beteiligen.

In einer Textilwerkstatt werden regelmäßig eigene große und kleine Nähprojekte realisiert, aber an Sitzgelegenheiten, Dekomaterialien und Geschenken wird auch gemeinsam gearbeitet. Die Gruppe besteht aus Menschen zwischen 13 und 76 Jahren und wenn der Faden an der Industrienähmaschine mal wieder hakt, findet sich garantiert jemand, der ihn geduldig einfädelt. Aus diesem lebendigen Miteinander entstehen neue Angebote für junge Menschen, Wissen wird weitergegeben und ganz nebenbei über die neuesten Entwicklungen der lokalen Politik und des Weltgeschehens diskutiert.

Mit niedrigschwelligen Angeboten die Gemeinschaft beleben

Aber auch Veranstaltungen wie der Maker-Advent, bei dem kreative Workshops und gemeinschaftliche Aktivitäten im Fokus stehen, stoßen auf das Interesse der Anwohner*innen. Die Menschen lernen sich kennen und finden persönliche Übereinstimmungen. Im Idealfall entstehen dadurch neue Ideen, die ihrerseits wieder einen Impuls setzen können. So haben sich im Lehngericht beispielsweise eine Kräuterfrau und eine Yogalehrerin zusammengefunden. Jetzt bieten sie gemeinsam Kurse an. Dann ist da der gelernte Mechatroniker, der vorrangig digital arbeitet. Er traf in der Holzwerkstatt auf den Handwerksmeister und sie arbeiten nun an gemeinsamen Projekten und bieten Workshops an. Oder eine Person, die sich für Geflüchtete einsetzt, traf in der Textilwerkstatt auf eine Lehrerin. Nun wurde sie in die Schule eingeladen, um mit den Schüler*innen über ihr Engagement zu sprechen. 

„Die Begegnungen und die gemeinsamen Aktivitäten haben im Ort spürbar etwas bewegt. Es müssen nicht immer gleich Projekte daraus entstehen. Aber Menschen grüßen sich auf der Straße oder im Supermarkt, weil sie an Veranstaltungen und Aktivitäten im Lehngericht teilgenommen haben. Sie tauschen Pflanzen, die Ernte, Rezepte und Nähanleitungen aus, vernetzen sich in WhatsApp-Gruppen und treten in den Austausch miteinander“, stellt Nadine Knödler sichtlich zufrieden fest.

Auf Menschen zugehen und Unsicherheiten abbauen

Der Anfang war allerdings nicht so leicht, da das Konzept eines soziokulturellen Zentrums unbekannt war. Es gab viele Fragen, Unsicherheit und auch Vorurteile. Der Start erfolgte mit niederschwelligen Angeboten, um Menschen mit dem Raum und den Möglichkeiten des Lehngerichts in Kontakt zu bringen. Konzerte, Lesungen, Tanz und Filmvorführungen dienten als Einstieg. Zudem ging die Projektleitung von sich aus auf die Menschen zu, erklärte die Möglichkeiten und fragte sie nach ihren eigenen Ideen und Wünschen. Mit der Zeit erweiterten sich die Angebote – Menschen wurden aktiv, gestalteten die Gemeinschaftsküche, die Digitalwerkstatt, den Garten, die Holz- und Textilwerkstatt und nahmen nicht nur als Zuschauende, sondern als Beteiligte an Workshops und Aktivitäten teil.

Der Anfang war allerdings nicht so leicht, da das Konzept eines soziokulturellen Zentrums unbekannt war. Es gab viele Fragen, Unsicherheit und auch Vorurteile. Der Start erfolgte mit niederschwelligen Angeboten, um Menschen mit dem Raum und den Möglichkeiten des Lehngerichts in Kontakt zu bringen. Konzerte, Lesungen, Tanz und Filmvorführungen dienten als Einstieg. Zudem ging die Projektleitung von sich aus auf die Menschen zu, erklärte die Möglichkeiten und fragte sie nach ihren eigenen Ideen und Wünschen. Mit der Zeit erweiterten sich die Angebote – Menschen wurden aktiv, gestalteten die Gemeinschaftsküche, die Digitalwerkstatt, den Garten, die Holz- und Textilwerkstatt und nahmen nicht nur als Zuschauende, sondern als Beteiligte an Workshops und Aktivitäten teil.

‘auf weiter Flur‘ wurde dabei nicht nur im Lehngericht sichtbar, sondern auch andernorts in Augustusburg. Die Belebung der Innenstadt durch ein Ladenexperiment, die gemeinsame Gestaltung des Maibaums, Kochevents und eine mobile Pop-Up-Sauna sind nur einige Beispiele. Besonders erfolgreich ist der Gemeinschaftsgarten, in dem eigene Beete angelegt und Setzlinge getauscht werden können. Hier entstanden auch eine gemeinschaftliche Außenmöblierung und eine Outdoor-Küche mit Lehm- und Räucherofen, die gerne genutzt werden. „Im Liegestuhl eine Rast einlegen, Zuckerschoten ernten und naschen oder im Schuppen mit Bleiglasfenstern einen wetterunabhängigen Communityraum nutzen – das schafft niederschwellige Gesprächsangebote am und über den sprichwörtlichen Gartenzaun hinweg“, beschreibt die Projektleiterin das Geschehen im Grünen.

Die positiven Entwicklungen in Augustusburg veranschaulichen die transformative Kraft von Engagement und kreativer Interaktion. Der Verein ‘auf weiter Flur‘ zeigt, dass gemeinschaftliches Engagement und innovative Ansätze den sozialen Zusammenhalt stärken und die Lebensqualität erheblich verbessern können. Solche Initiativen sind leuchtende Beispiele dafür, wie ländliche Gebiete durch soziale Innovationen transformiert und revitalisiert werden können.


Welcher Erfahrungen hat der Verein „auf weiter Flur“ gesammelt und mit welchen Ansätzen war er besonders erfolgreich? Nehmen Sie Kontakt auf. Alle Informationen finden Sie auf: www.aufweiterflur.org


Der Artikel erschien zuerst in der Ausgabe September 2024 des Verbandsmagazins anspiel. mit dem Schwerpunkt Soziale Innovation.