Der Fachkraft- und Personalmangel sind in aller Munde. Aber wie intensiv beschäftigen sich Soziale Organisationen mit der Personalgewinnung?
Dass es in der Sozialen Arbeit wie in vielen anderen Branchen auch zu wenige Fachkräfte gibt, ist ein Fakt. Andererseits - und das ist die gute Nachricht - gibt es durchaus Fachkräfte und Menschen, die im Sozialen aktiv werden wollen. Allerdings können Arbeitnehmer*innen mittlerweile wählen, wo sie arbeiten möchten. Hier heißt es, sich als Arbeitgeber gut zu präsentieren und auf sich aufmerksam zu machen. Das gilt auch für die Stellenausschreibung selbst.
Ein hundertfach verwendeter Ausschreibungstext für die Pflegefachkraft oder die Erzieher*in, ist da wenig hilfreich. Da ist mehr Kreativität gefragt. Andernfalls geht Ihre Anzeige schlicht in der Fülle an Angeboten unter. Dabei muss man das Rad nicht unbedingt neu erfinden. Schauen Sie sich Stellenausschreibungen anderer Organisationen an. Holen Sie dabei auch Anregungen aus anderen Branchen.
Die Stellenausschreibung selbst sollte dann so konkret wie möglich sein. Lange Kriterienkataloge, was Bewerber*innen alles „eventuell“ und „wünschenswerterweise“ mitbringen sollen, schrecken eher ab. So könnten Sie vorgehen:
Wer wird gesucht?
Überlegen Sie, welche Aufgaben die Stelle umfasst und welche Rahmenbedingungen (z.B. Fachkrafterfordernisse) eingehalten werden müssen. Sind zwingend formale Abschlüsse nötig? Gibt es vielleicht mehrere Berufsabschlüsse, die geeignet sind?
Es gibt Menschen, die im sozialen Bereich arbeiten wollen, aber (noch) nicht über die entsprechenden Abschlüsse verfügen. Sehen Sie Möglichkeiten Quereinsteigende zu unterstützen? Falls ja, sprechen Sie dies in Ausschreibungen konkret an.
Welche Tätigkeit soll ausgeübt werden?
Beschreiben Sie den Stelleninhalt möglichst genau. Bewerber*innen können so einschätzen, ob sie sich der Herausforderung gewachsen fühlen.
Welche Fähigkeiten sind wichtig?
Beschränken Sie sich auf zwingend notwendige Fähigkeiten, die Bewerber*innen mitbringen müssen. Je detaillierter und ausgefeilter der Kriterienkatalog ist, umso weniger potentielle Kandidat*innen werden ihn erfüllen können. Sehr selbstkritische Menschen bewerben sich oft gar nicht erst, wenn sie nicht alle benannten Erfahrungen und Qualifikationen besitzen.
Beschreiben Sie auch Kompetenzen, die zwar wichtig sind, aber genauso gut im Prozess und mit Ihrer Begleitung noch erlernt werden können.
Was erwartet Bewerber*innen?
Schenken Sie diesem Abschnitt der Stellenausschreibung ruhig größere Aufmerksamkeit. Die Lebenserfahrungen und -vorstellungen von Menschen sind vielfältig. Zu unserer Gesellschaft gehören beispielsweise Menschen mit Behinderung, Menschen verschiedener Herkunft, Menschen mit und ohne Familie, Menschen verschiedener Altersgruppen oder Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierung. Hier bestehen viele Chancen, Mitarbeitende zu gewinnen. Allerdings suchen die meisten nicht einen Arbeitsplatz, um einfach nur ihren Lebensunterhalt zu sichern. Sie wollen dort auch angenommen sein und sich wohlfühlen. Haben Sie eine Unternehmenskultur, bei der Vielfalt einen festen Platz hat, dann beschreiben Sie dies in der Stellenausschreibung. Laden Sie Menschen ein, sich gerade bei Ihnen zu bewerben.
Beschreiben Sie außerdem etwaige Sonderleistungen, individualisierbare Arbeitsbedingungen wie flexible Arbeitszeiten und persönliche Entwicklungsmöglichkeiten, die Ihre Organisation besonders attraktiv für Mitarbeitende macht. Wichtig: Bleiben Sie unbedingt bei der Realität. Enttäuschte Fachkräfte verlassen Organisationen auch schnell wieder.
Wo veröffentlichen Sie die Stellenausschreibung?
Denken Sie auch bei der Veröffentlichung und Verbreitung Ihrer Stellenanzeige kreativ. Neben der Zeitungsannonce und der Veröffentlichung bei der Bundesagentur für Arbeit können Sie Kontakte zu Beratungsstellen, z.B. für Menschen mit Migrationshintergrund, aufnehmen oder zu Verbänden für Menschen mit Behinderung.
Schon mal über neutrale Bewerbungsunterlagen nachgedacht?
In Bewerbungsverfahren soll es in erster Linie um Qualifikation und Anforderungsprofile gehen. Wir alle sind jedoch mit bestimmten Bildern von Männern, Frauen, Menschen mit Behinderung oder nichtdeutscher Herkunft usw. aufgewachsen, die unser Handeln mitbestimmen. Niemand von uns ist vorurteilsfrei – egal wie sehr wir uns bemühen.
Bewerbungsunterlagen ohne Foto oder ein anonymisiertes Verfahren können diesen Mechanismus etwas mildern und die Gelegenheit geben, für das Vorstellungsgespräch wirklich in erster Linie nach Qualifikation auszuwählen.
Nutzen Sie zur Weiterentwicklung Ihrer Organisation auch unsere Publikation „VIELFALT (MIT)DENKEN – Interkulturelle Öffnung und Diversitätsorientierung. EIN PRAXISLEITFADEN.“
Die Autorin: Nicole Börner ist Projektkoordinatorin in der Paritätischen Fach- und Informationsstelle für interkulturelle Öffnung und Diversität (PariFID).
Informationen und Unterstützung zu diesen oder anderen Themen der Vielfalt in der Organisationsentwicklung können Mitgliedsorganisationen des Paritätischen Sachsen durch die „Paritätische Fach- und Informationsstelle für interkulturelle Öffnung und Diversität (PariFID)“ erhalten. Sie begleitet Veränderungsprozesse und berät.