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Storytelling - Eine Methode für die Wohlfahrtspflege?

Storytelling bedeutet, Geschichten zu erzählen. Das klingt zuerst einmal nach Märchenstunde. Wieso sollten sich Organisationen der Freien Wohlfahrtspflege mit diesem Thema beschäftigen? Daniel Pichert erklärt es.

Storytelling ist eine Kommunikationsmethode. Sie basiert darauf, dass Informationen in Form von Geschichten wiedergegeben werden. Diese Methode ist nicht neu. Menschen begannen schon vor vielen Hundertausenden von Jahren, auf diese Art und Weise miteinander zu kommunizieren – lange vor der Erfindung von Schriftsprache, Buchdruck oder Computer. Denn das menschliche Gehirn kann Informationen, die in Form von Geschichten erzählt werden, besonders gut aufzunehmen und verarbeiten. Den meisten Menschen fällt es leichter, sich an eine lustige Anekdote zu erinnern als an den Inhalt eines Gesetzestextes oder an ihre IBAN.

Mehr noch – Geschichten entfalten eine stärkere und unmittelbarere Wirkung als nüchtern oder sachlich präsentierte Informationen. Ein Beispiel: Person A erzählt Person B, dass sie sich abends nicht mehr auf die Straße traue: „Die Kriminalität hat so stark zugenommen, man ist nicht mehr sicher!“ Dann sagt Person B: „Aber die polizeiliche Statistik zeigt, dass seit einigen Jahren viel weniger Straftaten verübt werden.“ Daraufhin Person A: „So ein Unsinn. Meine Nachbarin hat mir gestern erzählt, dass ihre Handtasche geklaut worden ist!“ Die Wirtschaft hat diese starke Wirkung von Geschichten bereits vor langer Zeit erkannt und bedient sich konsequent der Methode des Storytellings – sehr schön zu beobachten im Bereich der Werbung.

Zurück zu Organisationen im Bereich der Wohlfahrtspflege: Diese sind es gewohnt, auf andere Art und Weise zu kommunizieren. Sachlichkeit, Authentizität und zuweilen auch juristische Korrektheit stehen im Vordergrund. Das ist auch gut so. Allerdings gehen auch hier schon viele erfolgreiche gemeinnützige Organisationen andere Wege und bedienen sich ebenfalls der Macht der Geschichten. Denn Storytelling kann man nicht nur dazu einsetzen, Turnschuhe zu verkaufen. Man kann die Methode generell dazu nutzen, Menschen zu überzeugen und Inhalte so zu vermitteln, dass sie von den Adressat*innen besser aufgenommen werden. Und vor dieser allgemeinen kommunikativen Herausforderung stehen auch gemeinnützige Organisationen, beispielsweise im Zusammenhang mit Öffentlichkeitsarbeit, Berichterstattung, Fundraising (besonders im Bereich des Spenden-Fundraisings!), Organisationsentwicklung, Teambuilding, Mitgliederakquise, Projekt- und Bildungsarbeit oder Kommunikation mit Klient*innen und Teilnehmer*innen. Also eigentlich überall.

Um Storytelling anzuwenden, benötigt man nicht das Budget eines Hollywood-Films oder eines Sportartikelherstellers. Es handelt sich um einen methodischen Ansatz, der bestehende Kommunikationsprozesse verbessern kann. Und mit etwas Kreativität erzielt man damit eine große Wirkung.


Der Autor: Daniel Pichert ist Coach und Trainer für Fundraising. Zudem berät er in Fragen des Projektmanagements und der Organisationsentwicklung. Weiterbildungen mit dem Autor finden Sie in unserem Seminarkalender: www.parisax.de/weiterbildung


Der Artikel erschien zuerst in der Ausgabe 1.2019 unseres Verbandsmagazins anspiel.

 

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