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Studie: Mehr als jede*r Dritte fühlte sich schon mal diskriminiert

2017 erschien die Studie „Diskriminierungserfahrungen in Deutschland. Ergebnisse einer Repräsentativ- und einer Betroffenenbefragung.“ Viele der Diskriminierungsmerkmale sind im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz geschützt und verpflichten z.B. auch Arbeitgeber*innen zum Handeln. Die Fachinformation gibt einen Überblick zu Ergebnissen der Studie.

Diskriminierung ist laut der Ende 2017 erschienen Studie „Diskriminierungserfahrungen in Deutschland“ keine seltene Erscheinung. Über ein Drittel der Bevölkerung berichtet von Diskriminierungserfahrungen (vgl. S. 94).

Um differenzierte Aussagen machen zu können, nutzten die Autor*innen Steffen Beigang, Karolina Fetz, Dorina Kalkum und Magdalena Otto eine Repräsentativbefragung sowie Interviews mit Menschen mit eigenen Diskriminierungserfahrungen. Sie befragten dabei jeweils zu den letzten 24 Monaten.

Diskriminierungserfahrungen sind am Arbeitsplatz besonders häufig

Insbesondere zu den Lebensbereichen Bildung, Arbeit, Geschäfte und Dienstleistungen, Wohnungsmarkt, Öffentlichkeit und Freizeit, Gesundheit und Pflege sowie Ämter, Behörden und Politik konnten dadurch Aussagen getroffen werden. Bei genauerem Hinschauen wurden im Bereich Arbeit am häufigsten Diskriminierungserfahrungen gemacht. (vgl. S. 157)

Menschen mit Migrationshintergrund und Frauen werden besonders oft diskriminiert

Die Studie analysierte außerdem die Diskriminierungserfahrungen von Menschen mit verschiedenen Merkmalen, deren besonderer Schutz vor Diskriminierungen im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz benannt ist.

Eines dieser Merkmale ist beispielsweise das Lebensalter. Menschen werden den Ergebnissen der Untersuchung nach in verschiedenen Situationen als zu jung oder zu alt beurteilt. „Häufig steht hinter den Diskriminierungen, dass Menschen anhand ihres Lebensalters bestimmte Fähigkeiten entweder noch nicht oder nicht mehr zugetraut werden.“ (S. 294)

In allen untersuchten Lebensbereichen zu beobachten sind Diskriminierungserfahrungen mit rassistischem Hintergrund. Die Autor*innen beschreiben: „Besonders betroffen sind dabei Personen mit äußerlichen Merkmalen, die nicht der normativen Vorstellung eines typisch deutschen Aussehens entsprechen.“ (S. 289)

In engem Zusammenhang damit stehen Diskriminierungserfahrungen im Hinblick auf Religion. Dabei sind vor allem Muslim*innen Ressentiments ausgesetzt. „Hierbei spielen zum einen das Kopftuch als äußerlich leicht erkennbares Merkmal der Religionszugehörigkeit und zudem die starke Verknüpfung mit rassistischen Gründen eine große Rolle“, so die Autor*innen. (S. 292) Diskriminierung hinsichtlich Religion oder Weltanschauung betrifft in Deutschland überwiegend Nicht-Christ*innen. So werden etwa durch kirchliche Institutionen auch Menschen ohne Konfession Zugänge zu Bildung oder Arbeit verwehrt. (vgl. S. 291f)

Weitreichende Diskriminierungserfahrungen finden sich zudem noch immer bei Menschen mit Behinderung. Vor allem fehlendes Zutrauen in deren Kompetenzen sowie nicht ausreichende Barrierefreiheit in Gebäuden und bei der Kommunikation führen hier zu Diskriminierungen in allen Lebensbereichen. (vgl. S. 293)

Viele Diskriminierungserfahrungen stehen auch in engem Zusammenhang mit dem Geschlecht einer Person. Ähnlich wie bei Menschen mit Migrationshintergrund liegt das Risiko, von Diskriminierung betroffen zu sein, bei Frauen - auch in Verbindung mit anderen Merkmalen - besonders hoch. (vgl. S. 109f) Das Ziel der Gleichbehandlung von Menschen verschiedenen Geschlechts ist bei weitem nicht erreicht. Großen Handlungsbedarf sehen die Autor*innen auch in der gesellschaftlichen Anerkennung von Geschlechtervielfalt über die Kategorien Mann und Frau hinaus, um das Diskriminierungsrisiko von Trans*- und Inter*Personen zu verringern. (vgl. S. 291)

Der gesellschaftliche Umgang mit verschiedenen sexuellen Orientierungen ist oft noch diskriminierend. Viele Ursachen für Diskriminierungserfahrungen lagen hier einerseits in der gesetzlichen Ungleichbehandlung von homosexuellen Menschen gegenüber heterosexuellen Paaren. „Zum anderen wird auch offenbar, wie stark in Deutschland noch immer ein homonegatives Klima vorherrscht, in dem nicht heterosexuelle Personen in ihrem täglichen Leben massiven Beleidigungen, Herabwürdigungen und körperlichen Übergriffen ausgesetzt sind.“, formulieren die Autor*innen. (S. 295)

Die Studie erfasste neben den im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz benannten Merkmalen auch weitere Diskriminierungserfahrungen. Hierbei wurden die sozioökonomische Lage (Einkommen und Bildungsstand) und äußerliche Merkmale (z.B. Gewicht) besonders häufig als Grund für Diskriminierungserfahrungen benannt. (vgl. S. 46/ 96f)

Alltägliche Handlungsweisen hinterfragen und Diskriminierungen abbauen

Wie kann Diskriminierungen begegnet werden? In ihren Handlungsempfehlungen weisen die Autor*innen unter anderem darauf hin, schon lange existierende Handlungsweisen auf ihre möglicherweise diskriminierende Wirkung zu reflektieren. Es ist dabei wichtig, die Perspektive der Betroffenen zu kennen, um diskriminierende Handlungs- und Sichtweisen zu erkennen. (vgl. S. 300)

Ein Ausgangspunkt kann die Lektüre dieser Studie sein, die an vielen Stellen auch mit Originalaussagen von Menschen mit Diskriminierungserfahrungen arbeitet und dadurch sehr lebensweltnah zeigt, was es bedeutet, von Diskriminierungen betroffen zu sein.

Diskriminierungen reduzieren und Chancen für Organisationen nutzen

Ableitend aus der Untersuchung kann gesagt werden, dass gerade Arbeitgeber*innen besonders in der Verantwortung sind, Diskriminierungen entgegenzuwirken. Was diesbezüglich unter die Arbeitgeber*innenpflichten fällt, beschreibt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz.

Aber auch im Zuge der Personalgewinnung und –bindung heißt es, hier sensibel zu sein. Denn die Vermeidung von Diskriminierungen ist nicht nur Pflicht, sondern auch Chance, Menschen mit vielfältigen Eigenschaften für die eigene Organisation zu begeistern.


Die Studie: Beigang, Steffen; Fetz, Karolina; Kalkum, Dorina; Otto, Magdalena (2017): Diskriminierungserfahrungen in Deutschland. Ergebnisse einer Repräsentativ- und einer Betroffenenbefragung. Hg. v. Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Baden-Baden: Nomos.

Die vollständige Studie können Sie bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes herunterladen: www.antidiskriminierungsstelle.de


Kontakt:

Nicole Börner, Projektkoordinatorin
Tel.: 0351 - 491 66 67
E-Mail: nicole.boerner(at)parisax.de

Claudia Kühnel-Kalamorz, Projektkoordinatorin
Tel.: 0351 - 491 66 68
E-Mail: Claudia.Kuehnel-Kalamorz(at)parisax.de


Das Projekt „PariFID – Paritätische Fach- und Informationsstelle für interkulturelle Öffnung und Diversität“ wird gefördert durch den Freistaat Sachsen im Rahmen des Landesprogramms Integrative Maßnahmen.