Sucht am Arbeitsplatz wird oft von der Unsicherheit im Umgang damit begleitet. Prävention, frühe Ansprache und Fürsorgegespräche sowie klare Regeln zum Konsum berauschender Substanzen können dabei helfen, mit dem tabubehafteten Thema umzugehen.
Mit den Auswirkungen von Sucht am Arbeitsplatz umzugehen, ist eine Herausforderung, der sich alle Branchen stellen müssen. Abhängigkeitserkrankungen – sei es durch Alkohol, Cannabis oder andere Substanzen – betreffen nicht nur die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden, sondern auch die Sicherheit und das Betriebsklima.
Die Verantwortung von Arbeitgebern
Arbeitgeber tragen nicht nur eine rechtliche Verantwortung, sondern haben auch eine Fürsorgepflicht für ihre Mitarbeitenden. Das Arbeitsschutzgesetz (§ 3 ArbSchG) und die DGUV-Vorschrift 1 (§ 7) verpflichten Unternehmen, Gesundheitsgefährdungen durch den Konsum berauschender Substanzen zu minimieren. Dies gilt besonders in der Sozialwirtschaft, wo Mitarbeitende oft mit vulnerablen Personengruppen arbeiten, z. B. mit Kindern, Senior*innen oder suchtkranken Menschen.
Eine besondere Rolle spielen dabei klare betriebliche Regelungen. Betriebsvereinbarungen, Arbeitsverträge und Betriebsordnungen sollten explizit den Umgang mit Suchtmitteln regeln. Hierin empfiehlt sich ein absolutes Cannabis- und Alkoholverbot am Arbeitsplatz – nicht nur aus rechtlicher, sondern auch aus moralischer Sicht.
Prävention: Der Schlüssel zum Erfolg
Die beste Suchtstrategie beginnt jedoch präventiv. Eine Kultur der Offenheit kombiniert mit regelmäßigen Schulungen für Führungskräfte und Mitarbeitende schafft Bewusstsein und bietet Handlungsrahmen. Führungskräfte sind gefordert, Auffälligkeiten frühzeitig anzusprechen – nicht mit dem Ziel, zu kontrollieren, sondern um Fürsorge zu zeigen.
Frühe Ansprachen und Fürsorgegespräche sind dafür zentrale Instrumente. Ein wertschätzender und transparenter Dialog schafft Vertrauen und ermöglicht es Mitarbeitenden, ihre Herausforderungen zu teilen. Wichtige Gesprächsinhalte sind:
- Auffälligkeiten am Arbeitsplatz sachlich und empathisch ansprechen.
- Unterstützungsmöglichkeiten anbieten.
- Klare Erwartungen und Rückmeldefristen formulieren.
Cannabis und die neue Rechtslage
Die aktuelle (Teil-)Legalisierung von Cannabis erfordert nun Anpassungen in den Unternehmen. Während privater Konsum grundsätzlich erlaubt ist, müssen Mitarbeitende dennoch nüchtern zur Arbeit erscheinen. Besonders in sicherheitskritischen Bereichen ist ein striktes Konsumverbot notwendig. Arbeitgeber sollten bestehende Betriebsvereinbarungen abändern, um Klarheit zu schaffen. Ein „Null-Konsum“-Ansatz am Arbeitsplatz kann sinnvoll sein, um Missverständnisse zu vermeiden und die Sicherheit aller Mitarbeitenden zu gewährleisten.
Bewährtes Präventionsmodell: 5-Stufen-Plan
Sollte der Verdacht auf Substanzmissbrauch bestehen, sind strukturierte Interventionsleitfäden hilfreich. Ein bewährtes Modell ist der 5-Stufen-Plan, der Maßnahmen von der ersten Ansprache bis zur Kündigung klar strukturiert:
- Sachliche Ansprache und Dokumentation von Auffälligkeiten
- Angebote zur Unterstützung und Rückmeldetermine
- Abmahnung bei anhaltendem Fehlverhalten
- Ultimative Auflagen und Kündigungsandrohung
- Kündigung als letzte Konsequenz
Drogentests können dabei nur mit Zustimmung der Betroffenen durchgeführt werden. Sie können im begründeten Verdachtsfall angeboten, aber nicht routinemäßig angeordnet werden.
Betriebliche Verantwortung und Chancen
Die Sozialwirtschaft trägt im Umgang mit Suchtmitteln eine besondere Verantwortung, da Mitarbeitende oft mit gefährdeten und sensiblen Zielgruppen arbeiten. Arbeitgeber können durch Prävention und strukturierte Interventionen nicht nur die Gesundheit und Sicherheit ihrer Mitarbeitenden schützen, sondern auch eine vorbildliche Unternehmenskultur schaffen. Investitionen in Aufklärung, Schulungen und klare Regelwerke zahlen sich langfristig aus – sowohl für das Unternehmen als auch für seine Beschäftigten.
Die Autorin: Christin Schnaible ist Referentin im Paritätischen Arbeitgeberverband PATT e.V. und verantwortet dort unter anderem die Umsetzung von Fachveranstaltungen für Mitgliedsorganisationen. Der Artikel fasst die zentralen Ergebnisse des Workshops „Prävention und Intervention: Umgang mit Drogensucht bei Beschäftigten - Handlungsmöglichkeiten für Arbeitgeber“ zusammen.
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