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Teilhabe in Sachsen konkret gestalten

Die Räder eines Rollstuhls stehen am Bordstein einer Straße.

Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) soll Menschen mit Behinderung mehr Selbstbestimmung ermöglichen - mehr Mitsprache beim Wohnen, Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sowie soziale Teilhabe und auch bei der (medizinischen) Versorgung. Wie das in der Praxis umgesetzt wird, gibt der Rahmenvertrag vor und konkretisiert die Kommission nach SGB IX für den Freistaat Sachsen. Der Paritätische Sachsen gestaltet den Prozess aktiv mit.

Die Kommission nach SGB IX setzt die im Rahmenvertrag der Eingliederungshilfe vereinbarten Aufgaben um und entwickelt diesen Vertrag weiter. Das Arbeitsgremium ist paritätisch besetzt: Die Leistungserbringer aus der Wohlfahrtspflege bzw. die privaten Anbieter auf der einen Seite und die Träger der Eingliederungshilfe - der Kommunale Sozialverband (KSV) und die kommunale Ebene - auf der anderen Seite. Die Behindertenselbstvertretung und das Sozialministerium sind mit je einer Person Teil des Gremiums - beratend, aber ohne Stimmrecht.

Kommission ebnet den Weg für das Bundesteilhabegesetz in Sachsen

Mario Chmelarz, Referent Entgelte des Paritätischen Sachsen, ist Vorsitzender der Kommission und strukturiert in dieser Funktion den Umsetzungsprozess des BTHG. Er erklärt: “Die Herausforderung besteht darin, alle Beteiligten anhand konkreter Ziele mitzunehmen. In den letzten Monaten haben wir Fragen zum Wohnen im Sinne der Betroffenen geklärt. Das ist eine komplexe Aufgabe, denn behinderte Menschen haben nun Anspruch auf individuellere, vielfältigere Leistungen, die erstmal beschrieben werden müssen. Diesen Paradigmenwechsel regelt das Bundesteilhabegesetz nicht im Detail. Er muss in den Köpfen gelebt werden und nicht nur auf dem Papier. Mit Blick auf das Wohnen bedeutet das: Je nach Bedarf werden für einen behinderten Menschen in Zukunft die Miete, die Fachleistung und die Grundsicherung extra berechnet, nicht mehr pauschaliert.”

Verhandlungsort und Wegweiser für Inklusion in Sachsen

Die Beschlüsse der Kommission sind für Sachsen verbindlich und haben einen hohen Stellenwert, weil sie den Anspruch der Betroffenen auf bestimmte Leistungen definieren. Doch der Weg dahin ist herausfordernd, denn die Kommission kann Beschlüsse nur einstimmig fassen. Das schafft einen Interessenausgleich, erfordert bei zwölf stimmberechtigten Vertreter*innen jedoch oft einen langwierigen Diskussions-, Findungs- und Einigungsprozess. Doch die Mühe lohnt sich, da der gemeinsam erarbeitete Konsens so auf lange Sicht trägt. Die Grundsatzbeschlüsse werden von allen beteiligten Partnern anerkannt, umgesetzt und bilden die Grundlage für das Leistungsrecht in Sachsen.

Das gemeinsame Ziel besteht darin, die Leistungen zur Teilhabe für Menschen mit Behinderung und für Menschen, die von Behinderung bedroht sind, sicherzustellen. Dafür entsteht ein Konzept zur Umsetzung des BTHG. Dieses Konzept wird seit Mitte 2022 in fünf Modelleinrichtungen mit insgesamt 220 Bewohner*innen erprobt und auf seine Praxistauglichkeit hin geprüft. Im Mittelpunkt steht dabei der Mensch. Bei der Begutachtung wird ein individuelles Paket für die jeweilige Person geschnürt und daran richten sich der Personalschlüssel, der Leistungsumfang und eine Kalkulationsgrundlage für Investitionen aus. Allen ist klar, dass die gesetzliche normierte individuelle Begutachtung aller in Sachsen lebenden Menschen mit Behinderung eine Mammutaufgabe ist. Es braucht dafür den Willen, eine gemeinsame Lösung für das Begutachtungsverfahren zu finden und den Betroffenen den zeitnahen Zugang zu ihren Leistungen zu sichern.

Die Umsetzung des Bundesteilhabegesetz - großer Auftrag für ein kleines Gremium

“Die Kommissionsarbeit war in den letzten drei Jahren stark von der Bewältigung der Corona-Pandemie geprägt. Es braucht vor allem Zeit, höhere Aufmerksamkeit und in Ministerien und Politik Verständnis für die tiefgreifenden Veränderungen, die mit dem BTHG einhergehen. Um den Prozess voranzubringen, sind auch Anpassungen von Gesetzen und Verordnungen auf Landes- und Bundesebene notwendig. Das BTHG ist ein weitreichender sozialpolitischer Auftrag. Der Freistaat muss sich inhaltlich stärker einbringen und perspektivisch an der Finanzierung beteiligen, wie dies in anderen Bundesländern bereits geschieht. Die Kommunen schaffen das nicht mehr allein”, stellt Mario Chmelarz fest.

Das Ziel nicht aus den Augen verlieren

Der Kommissionsvorsitzende formuliert einen klaren Auftrag für die weitere Arbeit des Gremiums: “Es gilt, die Kommissionsarbeit trotz aller Komplexität weiter voranzubringen. Die Erprobungsphase muss in den fünf Modelleinrichtungen wie geplant Ende 2023 abgeschlossen werden. Ab 2024 sollten wir in eine sachsenweite Umsetzung des BTHG einsteigen. Ob die individuelle Teilhabe so gelingt, wie das Gesetz es vorsieht, wird stark von den Begutachtungsinstrumenten abhängen. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir dieses heiße Eisen gemeinsam schmieden.”


Das Bundesteilhabegesetz stellt einen Paradigmenwechsel hinsichtlich der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen dar. Seine Umsetzung erweist sich als herausfordernd. Für den Austausch darüber sprechen Sie unser Referat Teilhabe an.

Kontakt:

Anne Cellar (Referentin Teilhabe/ WfbM)

Tel.: 0351 - 828 71 150
E-Mail: anne.cellar(at)parisax.de

 

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