Ein bundesweites Netzwerk aus Wissenschaftler*innen der Sozialpsychologie gibt auf der Website www.fachnetztflucht.de praktische Tipps und beantwortet Fragen, um Hürden im Miteinander abzubauen.
Seit 2016 arbeiten Sozialpsycholog*innen aus ganz Deutschland im Fachnetzwerk Flucht zusammen, um Erkenntnisse der aktuellen Forschung insbesondere für den Bereich Integration zugewanderter Menschen nutzbar zu machen. Aber auch für andere Felder der Sozialen Arbeit und Bildung sind die Beiträge des Netzwerkes hilfreich, um Dynamiken des Miteinanders besser zu verstehen. Alle beteiligten Wissenschaftler*innen gehen neben ihrem Engagement im Fachnetzwerk zumeist einer eigenen Forschungstätigkeit nach. Sie können bei Bedarf auch für Vorträge und Impulse angefragt werden. Zudem können über die Website www.fachnetzflucht.de Fragen an das Fachnetzwerk gestellt werden.
Auf der Website finden Leser*innen eine Vielzahl an Artikeln, die sozialpsychologische Erkenntnisse in praktische Ansätze übertragen. Hier zwei kurze Beispiele.
Wodurch entstehen Vorurteile und wie können sie abgebaut werden?
So beschreibt beispielsweise Karolina Fetz von der Humboldt Universität zu Berlin in ihrem Artikel Die sind doch alle gleich! – Warum geflüchtete Menschen oft als homogene Gruppe betrachtet werden und welche Maßnahmen zu einer individuelleren Wahrnehmung beitragen können, dass von Geflüchteten oft als einer einheitlichen Gruppe gesprochen wird, obwohl diese genau so unterschiedlich sind wie Menschen ohne Fluchtgeschichte.
Warum ist das so? Menschen haben nur „begrenzte kognitive Fähigkeiten“, so Fetz. Daher unterteilen wir Menschen in kleine und große Gruppen z.B. nach Geschlecht, Beruf oder ethnischer Zugehörigkeit. Dabei entsteht ein „Wir“ (Eigengruppe) in Abgrenzung zu den „Anderen“ (Fremdgruppe). Dabei werden Fremdgruppen eher als homogen wahrgenommen. Daran schließen sich oft auch homogene Betrachtungsweisen und Sterotypenbildung oder auch Vorurteile an. Individuelle Eigenschaften einzelner Personen treten somit in der Fremdgruppe zurück.
Um dem entgegenzuwirken gibt Karolina Fetz einige Tipps:
- Geflüchtete als heterogene Gruppe beschreiben - Menschen können so differenzierter wahrgenommen werden
- einseitig positive Darstellungen vermeiden – verallgemeinernde Positivdarstellungen können Ablehnung produzieren
- Kontakte organisieren bzw. gemeinsame Lebensräume schaffen – die Heterogenität von Gruppen kann so wahrgenommen werden
- bei organisierten Treffen Bezug zur Ebene der von Stigmatisierungen betroffenen Gruppe nehmen z.B. ‚interkulturelle Diskussionsrunden‘ oder ‚Kennenlerncafé mit Anwohner*innen und Geflüchteten‘ - der Bezug zur Gruppenebene ermöglicht es, die Heterogenität dieser wahrzunehmen und stereotype Vorstellungen zu korrigieren. Das Treffen sollte dann aber vor allem die individuelle Ebene der einzelnen Menschen betonen.
Wie können wir gegenseitiges Verständnis fördern?
Viele fragen sich, was kann denn nun getan werden, um das Verständnis für Menschen mit Flucht- oder Migrationserfahrungen in unserer Gesellschaft weiter zu verbessern. Claas Pollmanns von der TU Chemnitz umreißt in seinem Beitrag Autoritäre Einstellungen und Diskriminierung: Wie Kontakt mit Ausländer*innen auch für (einige) Migrationsgegner*innen positive Wirkung zeigen kann drei interessante Möglichkeiten - die beiden letzteren dürften nur wenig bekannt sein:
- Kontakte zwischen verschiedenen Gruppen schaffen - Kontakte über längere Zeit z.B. in der Nachbarschaft verändern die eigenen Normen, oft auch von Menschen die andere Gruppen eher ablehnen.
- von Kontakten oder Freundschaften anderer zu Menschen mit Flucht- oder Migrationserfahrungen erzählen - sozialpsychologische Erkenntnisse haben gezeigt, dass selbst indirekte Kontakte eine Wirkung auf die Einstellung von Menschen haben können.
- positive Vorstellungen vermitteln – sogar vorgestellte Kontakte á la „Stellen Sie sich vor Sie hätten einen guten Freund mit ausländischen Wurzeln…“ könnten sich positiv auf Einstellungen auswirken.
Informationen und Impulse finden Sie auf www.fachnetzflucht.de