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Vorstandsklausur: Für Paritätische Grundsätze und Menschenrechte eintreten

Landesvorstandsklausur des Paritätischen Sachsen 2024

Auf einer zweitägigen Klausur befasste sich der Landesvorstand des Paritätischen Sachsen mit der Rolle des Verbandes und seiner Mitglieder hinsichtlich einer deutlicheren Positionierung für die Paritätischen Grundsätze, für Menschenrechte und Demokratie.

In der öffentlichen Debatte sind zunehmend Positionen anzutreffen, bei denen einzelnen Menschengruppen ihre Rechte abgesprochen werden oder ihnen die Schuld an vermeintlichen Missständen zugeschoben wird. Es werden zudem Stimmen laut, die demokratische Institutionen und Prozesse in Frage stellen. Im aktuellen Wahljahr werden diese Diskussionen heftiger geführt, Meinungen als Tatsachen in den Raum gestellt und Populismus wird als Stilmittel der Auseinandersetzung gewählt.

Wo stehen der Paritätische Sachsen und seine Mitgliedsorganisationen in diesen Debatten? Welche Erfahrungen haben soziale Einrichtungen und Dienste mit diesen Entwicklungen bereits gemacht und wie gehen sie damit um? Über diese Fragen und die Rolle des Landesverbandes in diesen Debatten tauschte sich der Landesvorstand auf einer zweitägigen Klausur in Grimma aus.

Paritätische Grundsätze in der Praxis leben

„In den letzten Jahren beobachten wir eine Diskursverschiebung, bei der zentrale Grundwerte ausgehöhlt werden. Unsere verbandlichen Leitmotive Offenheit, Vielfalt und Toleranz trifft dies ebenfalls. Das darf nicht unwidersprochen bleiben. Bevor wir uns auf den Regionalkonferenzen im Mai und Juni mit den Mitgliedern dazu austauschen werden, wollten wir uns als Landesvorstand einerseits ein Bild der Lage machen und mögliche Handlungsoptionen für den Paritätischen Sachsen diskutieren“, erklärt Christian Kamprad, Landesvorsitzender des Paritätischen Sachsen, die Wahl des Klausurthemas. Wichtige Richtschnur waren dabei die Paritätischen Grundsätze. Sie stellen nicht nur den werteorientierten Handlungsrahmen für den Paritätischen Sachsen, sondern sind Teil jener Kriterien, denen Organisationen zustimmen, wenn sie Mitglied im Verband werden. Daher befassten sich die Vorstandsmitglieder am ersten Klausurtag mit deren Bedeutung für die eigene Arbeit und wo diese konkret zum Tragen kommen. „Im Arbeitsalltag ist leider nur selten Zeit, um die Grundsätze und ihre Bedeutung bewusst zu reflektieren. Für alle Beteiligten war es daher sehr hilfreich, sich dazu auszutauschen und festzustellen, welche der sechs Grundsätze als besonders wichtig für die jeweilige Arbeit bewertet wurden oder wo diese bereits unter Druck stehen“, stellt der Vorstandsvorsitzende rückblickend fest.

Menschenrechte und Paritätische Grundsätze unter Druck

So berichteten einige Vorstandsmitglieder, dass in der Belegschaft, aber auch bei Klient*innen, durchaus Meinungen vertreten werden, die nicht mit den Grundsätzen in Einklang stehen. Jede Organisation und insbesondere die Führungskräfte stehen vor der Herausforderung, den richtigen Umgang damit zu finden und zum Beispiel gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit wie Rassismus, Diskriminierung und ähnlichen Ausprägungen entgegenzutreten. Dabei müsse stehts der Dialog das Mittel der Wahl sein.

Mit Blick auf die Mitarbeitenden unterschieden sich die Bewertungen dahingehend, inwieweit persönliche Einstellung und professionelles Handeln im Sinne verbandlicher Grundsätze zu trennen seien. Einig waren sich alle Vorstandmitglieder hingegen darin, dass menschenverachtende oder demokratiefeindliche Ansichten in Paritätischen Mitgliedsorganisationen keinen Platz haben können.

Im Umgang mit externen Partnern klar positionieren

Schwieriger sei der Umgang allerdings mit Akteuren außerhalb der eigenen Organisation. Beispiele dafür waren abwertende Aussagen über Bürgergeldbezieher*innen durch Beschäftigte des Jobcenters oder diskriminierendes Handeln gegenüber zugewanderten Menschen in Ausländerbehörden. Alle Anwesenden konnten Begebenheiten benennen, bei denen sich Beschäftigte der öffentlichen Verwaltung abwertend gegenüber Menschen aus einzelnen Personengruppen äußerten. Aber auch an diesen Stellen sei es Auftrag, sich für Benachteiligte einzusetzen. Dabei sollten Mitglieder gemeinsam auftreten und sich gegenseitig den Rücken stärken. Andernfalls blieben Leitmotive wir Offenheit, Vielfalt und Toleranz nur Lippenbekenntnisse.

Gemeinsam für Werte eintreten – Unterstützung für die Mitgliedsorganisationen

Der Landesvorstand verständigte sich darauf, dass der Verband den Mitgliedern künftig Hilfestellungen zum Umgang mit derartigen Situationen anbieten soll. Einige Arbeitshilfen sind dazu bereits erschienen. Entsprechende Weiterbildungen finden sich im Programm des Landesverbandes. Wichtig sei zudem, den diesbezüglichen Austausch der Mitglieder untereinander zu fördern und sich gegenseitig zu bestärken.

Dazu gehört, sichtbar für die verbandlichen Werte einzustehen. So soll der Verband künftig Materialien erstellen, die Mitglieder unkompliziert im Rahmen der eigenen Kommunikation nutzen können. Weiterhin soll sich der Verband an Bündnissen und Demonstrationen für Demokratie und Menschenrechte beteiligen. Mitglieder sind aufgefordert, sich ihrerseits einzubringen.

„Der Paritätische Sachsen, das sind seine Mitgliedsorganisationen. Daher ist es wichtig, dass die Organisationen auch selbst aktiv werden und ihre Rolle als gesellschaftliche Akteure vor Ort annehmen. Die Landesgeschäftsstelle und die Regionalgeschäftsstellen sollen allerdings Angebote unterbreiten, die dies unterstützen. Insbesondere auf dem Weg zur Landtagswahl wird es wichtig, ein klares Bekenntnis zu unseren Grundsätzen und deren Bedeutung in unserer täglichen Arbeit abzugeben. Als Landesvorstand freuen wir uns darauf, mit den Mitgliedern auf den Regionalkonferenzen darüber ins Gespräch zu kommen. Zu schweigen, wenn die Demokratie in Frage gestellt wird oder Menschen ausgegrenzt werden, ist keine Option. Wir stehen nicht gegen etwas oder gegen einzelne Gruppierungen, sondern für unveräußerliche Menschenrechte und ein Miteinander, an dem alle teilhaben“, so der Landesvorsitzende zum Abschluss der Klausur.


Wie leben wir menschenrechtsorientierte Sozial- und Bildungsarbeit? Kommen Sie dazu mit uns ins Gespräch auf den Regionalkonferenzen 2024 in Chemnitz (23.5.), Dresden (29.5.) und Leipzig (4.6.).

Informationen, Arbeitshilfen und Beratungsangebote zum Umgang mit menschenfeindlichen Positionen in der Sozialen Arbeit finden Sie beim Projekt „Vielfalt ohne Alternative“ des Paritätischen Gesamtverbandes.