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Zwischenmenschlichkeit hat keine Kennzahl – Diskussion über die Ökonomisierung sozialer Arbeit

 

 

Das Paritätische Forum 2015 mit Dr. Ulrich Schneider    

Schon vor Veranstaltungsbeginn war die Aula des Dresdner Goethe-Instituts von regen Diskussionen erfüllt. Die mehr als 80 Besucher(innen) tauschen sich darüber aus, was es mit der Ökonomisierung sozialer Arbeit auf sich hat. Die meisten kamen aus einem der vielen Bereiche sozialer Arbeit und kennen die Auswirkungen der rein ökonomischen Sicht auf das eigene Tätigkeitsfeld.

Ruhe kehrte erst ein als Michael Richter, Landesgeschäftsführer des Paritätischen Sachsen, die Veranstaltung eröffnete und seinen Gesprächspartner vorstellte. Mit Dr. Ulrich Schneider  hatte sich der Landesverband einen profunden Kenner der sozialen Landschaft in Deutschland eingeladen. Schneider, der seit 1999 Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes ist, hat 2014 mit seinem Buch ‚Mehr Mensch! Gegen die Ökonomisierung des Sozialen‘ ein klares Statement abgegeben.

Dr. Ulrich Schneider und Michael Richter auf dem Paritätischen Forum 2015Die Ökonomisierung des Sozialen beschreibt Schneider in drei Schritten. In den 1960/70er Jahren sah sich soziale Arbeit in der alten Bundesrepublik verstärkt der Forderung ausgesetzt, die eigene Wirksamkeit nachzuweisen. In den 1980er Jahren kam die Frage nach möglichen Kostenreduzierungen hinzu. Dies mündete schließlich in den 1990er Jahren in der Frage nach dem Mehrwert sozialer Arbeit. „Von der Effektivität über die Effizienz zum Mehrwert des Sozialen“, fasst der Autor den Vorgang zusammen.

Als besonders abwegig erachtet er hierbei die Idee, alles in Kennzahlen fassen zu wollen, um Soziales messbar zu machen. Gerade dort, wo es um das Zwischenmenschliche gehe, sei dieser Ansatz völlig fehl am Platz und müsse scheitern. Zudem verdränge die damit einhergehende Kontrolle das Vertrauen als eine der wichtigsten Grundkonstanten sozialer Arbeit. Beispielhaft benannte er den Pflegebereich. Die heutige Reduzierung auf Verrichtungen, die in Minutenintervallen abgerechnet würden, sage nichts darüber aus, wie sich der zu pflegende Mensch dabei fühle. Gleichzeitig erzeuge es beim Personal enormen Druck.

Ausblickend sagte Ulrich Schneider, dass Kontrolle wieder durch Vertrauen zu ersetzen sei und man in der sozialen Arbeit zu anderen Nachweisformen kommen müsse. Dabei gelte es aus dem starren Korsett ökonomischer Betrachtung auszubrechen, damit neue Ideen entstünden. Gleichzeitig räumte er ein, dass es sich bei der vorherrschenden ökonomischen Weltsicht um ein gesellschaftliches Phänomen handele und Veränderungen demnach nur gesamtgesellschaftlich gelingen könnten. Träger sozialer Arbeit seien dennoch aufgefordert, die Werte der eigenen Arbeit wieder stärker zu betonen.

Die eigenen Werte wieder stärker in den Blick zu nehmen, steht daher im Paritätischen dieses Jahr besonders weit oben auf der Tagesordnung. Alle Mitgliedsorganisationen sind eingeladen, sich am Wertedialog 2015 zu beteiligen. Mehr dazu erfahren Sie auf www.werte.paritaet.org