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PARITÄTISCHER warnt vor Abkehr von UN-Behindertenrechtskonvention in Sachsen

 

 

Wahlfreiheit von Menschen mit Behinderungen für die eigene Wohnform bedroht

Der PARITÄTISCHE Sachsen befürchtet eine Einschränkung der Rechte von Menschen mit Behinderungen in Sachsen. Das neue Sächsische Betreuungs- und Wohnqualitätsgesetz (BeWoG) sieht Auflagen für Wohngemeinschaften von Menschen mit Behinderungen vor und drängt diese in Richtung stationärer Betreuung.

„Die vorliegende Version des BeWoG ist leider ein Rückschritt im Umgang mit neuen Wohn- und Betreuungsformen für Menschen mit Behinderungen“, kritisiert Birgitta Müller-Brandeck, stellvertretende Landesgeschäftsführerin des PARITÄTISCHEN Sachsen, den zum Beschluss vorliegenden Gesetzentwurf. „Selbst eine Wohngemeinschaft (WG) mit nur zwei Bewohnern läuft Gefahr, den Richtlinien der stationären Pflege unterworfen zu werden. Die damit verbundenen Auflagen sind für größere Einrichtungen sinnvoll, aber für WGs unrealistisch.“ Das Gesetz stehe damit der Ausrichtung „ambulant vor stationär“, wie sie durch die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) und von Seiten des Sozialministeriums propagiert werde, entgegen.

Zudem sieht der Wohlfahrtsverband eine Einschränkung der Wahlfreiheit von Menschen mit Behinderungen. Wählt jemand das Leben in einer WG, dann ist das oft eine bewusste Entscheidung gegen eine stationäre Einrichtung. Diese Wahlfreiheit würde den Betroffenen somit praktisch abgesprochen, so Müller-Brandeck. Da die UN-BRK eine stärkere Selbstbestimmung vom Menschen mit Behinderung vorschreibe, seien ambulante Wohnformen wie WGs die Modelle der Zukunft und der vorliegende Entwurf des BeWoG dringend anzupassen. Dies bekräftigte der PARITÄTISCHE Sachsen erneut in einem offenen Brief an die sozialpolitischen Sprecher sowie die Fraktionsvorsitzenden der demokratischen Landtagsfraktionen.

Hintergrund: Das BeWoG wird am 13. Juni 2012 dem Landtag zum Beschluss vorgelegt. Es sieht vor, dass Wohngemeinschaften mit bis zu 9 Bewohnern unter die Regelungen für die stationäre Pflege fallen, sobald ein Bewohner auf eine ganztägige Unterstützung angewiesen ist. Weitreichende bauliche Vorgaben sowie Regelungen zur Fachkraftausstattung kämen zum Tragen, die für eine WG in der Praxis fast nicht umsetzbar sind und somit zum Aus für die betroffene WG führen können.
 
Stichwort BeWoG: Mit dem BeWoG will der Freistaat Sachsen eine Rechtsgrundlage für stationäre Pflegeeinrichtungen und Heime der Behindertenhilfe schaffen. Im Zentrum des Gesetzes steht das Wohl der Bewohner stationärer Einrichtung. Es soll ihnen den notwendigen Schutz gewähren und trifft Regelungen zur Betreuungs- und Wohnqualität.

Den offenen Brief lesen Sie hier.

Für weitere Informationen:

Thomas Neumann
(Pressesprecher PARITÄTISCHER Sachsen)
Tel.: 0351/ 49 166 54
E-Mail: Thomas.Neumann@parisax.de