(Berlin) Mit scharfer
Kritik an den Prioritäten der Bundesregierung reagiert der Paritätische
Wohlfahrtsverband auf eine Studie der Bertelsmann-Stiftung, wonach in
Deutschland mittlerweile jedes sechste Kind unter drei Jahren von Hartz IV
lebt. Der Verband fordert den zügigen Ausbau öffentlich geförderter
Beschäftigung, deutliche Verbesserungen des Kinderzuschlags und eine Reform des
Bildungs- und Teilhabepaketes.
„Kinderarmut
ist in Deutschland ein echtes Massenphänomen“, bewertet Ulrich Schneider,
Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes das Ergebnis der
Bertelsmann-Studie, wonach 17,1 Prozent der unter 3-Jährigen von Hartz IV leben
müssen. Zugleich übt er heftige Kritik am Koalitionsvertrag der
Bundesregierung, in dem der Begriff der Kinderarmut nicht einmal auftauche. „Es
lassen sich bisher keine wirklichen Anstrengungen der Bundesregierung erkennen,
Kinderarmut in Deutschland entschieden zu bekämpfen“, klagt Schneider. „Jedes
Jahr, das die Bundesregierung im Kampf gegen die Kindearmut verstreichen lässt,
raubt sie den Kindern unwiederbringliche Chancen.“
Der Verband
sieht zur Bekämpfung der Hartz-IV-Abhängigkeit von Kindern vor allem die
Notwendigkeit eines zügigen und konsequenten Ausbaus öffentlich geförderter
Beschäftigung. Schneider: „Kinderarmut ist fast immer Familienarmut. Wer Kinder
aus Hartz IV herausholen will, muss ihren Eltern auskömmliche und
längerfristige Arbeit verschaffen und wo nötig auch sozialarbeiterische Hilfen
sicherstellen.“ Ausdrücklich unterstützt der Verband weiterhin die Forderung
von Familienministerin Schwesig nach Verbesserungen des Kinderzuschlages für
erwerbstätige einkommensschwache Familien. „Ohne eine Erhöhung der Beträge
werden immer mehr Familien trotz Erwerbstätigkeit mit Hartz IV aufstocken
müssen.“
Längst
überfällig sei darüber hinaus die Reform des überbürokratischen und
unzureichenden Bildungs- und Teilhabepaketes für Kinder im Hartz-IV-Bezug. „Das
Bildungs- und Teilhabepaket ist völlig vermurkst und wird entsprechend auch nur
unzureichend abgerufen“, erklärt Schneider. „Die Wege sind zu bürokratisch, die
10-Euro-Gutscheine im Monat für den Sportverein oder die Musikschule geradezu
beschämend niedrig.“
Der Paritätische Gesamtverband ist einer der sechs
Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in der Bundesrepublik. Als
Dachverband von über 10.000 eigenständigen Organisationen, Einrichtungen
und Gruppierungen im Sozial-, Bildungs- und Gesundheitsbereich,
repräsentiert und fördert er seine Mitgliedsorganisationen in ihrer
fachlichen Zielsetzung sowie ihren rechtlichen, gesellschaftlichen und
wirtschaftlichen Belangen.
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