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Menschenrechte konkret: Freizügigkeit und Auswanderungsfreiheit

Logo der Erklärung für eine menschenrechtsorientierte Sozial- und Bildungsarbeit in Sachsen

 

In der Reihe „Menschenrechte konkret“ erzählen sächsische Organisationen der Sozial- und Bildungsarbeit, was einzelne Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte für ihre Arbeit bedeuten. Heute: Dachverband Sächsischer Migrantenorganisationen e.V. zu Artikel 13 – Freizügigkeit und Auswanderungsfreiheit.

Diesmal sprachen wir mit David Streit, stellvertretender Leiter der Geschäftsstelle des Dachverbands Sächsischer Migrantenorganisationen e.V., über die Bedeutung des Artikels 13 und dessen Auswirkungen auf die praktische Arbeit des Vereins.

Welche Rolle spielen diese Aspekte der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte in Ihrer Organisation, wenn Sie an Mitarbeitende oder Zielgruppen denken?

Der Dachverband Sächsischer Migrantenorganisationen e.V. (DSM) vertritt auf landespolitischer Ebene die Anliegen der in Sachsen lebenden Migrant*innen und von Menschen mit internationaler Biographie. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und insbesondere Artikel 13 über die Freizügigkeit und Auswanderungsfreiheit sind für unsere Organisation tragende Pfeiler, die unser tägliches Handeln bestimmen. Sowohl bei unseren Mitgliedern als auch innerhalb unserer Organisation stehen Menschen im Zentrum, die ihre Heimat entweder freiwillig oder erzwungenermaßen verlassen haben. Das Recht, sich frei bewegen zu können, seinen Aufenthalt frei zu wählen und jedes Land, einschließlich des eigenen, zu verlassen und in das eigene Land zurückkehren zu können, ist für uns deshalb von höchster Bedeutung.

Worin sehen Sie die größten gesellschaftlichen Herausforderungen in Bezug auf diese Aspekte der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte?

Leider ist Sachsen momentan weit davon entfernt, allen hier lebenden Menschen eine würdevolle und diskriminierungsfreie Umgebung zu garantieren. Gerade der erste Absatz von Artikel 13 - das Recht, sich innerhalb eines Staates frei zu bewegen - wird durch die seit 2018 bestehende Wohnsitzauflage für anerkannte Geflüchtete mithilfe einer rechtlichen Grundlage systematisch verletzt. Dass dieser Erlass aus dem Innenministerium trotz der massiven Kritik von Expert*innen, politischer Opposition und renommierten Nichtregierungsorganisationen wie dem Deutschen Institut für Menschenrechte (DIMR) sogar von sozialdemokratischer Seite her verteidigt wurde, zeigt, wie sich hierzulande der gesellschaftspolitische Common Sense an den rechten Rand verlagert hat.

Welche Lösungen für diese Herausforderungen sehen Sie?

Das Beispiel zeigt: Wir brauchen in Sachsen mehr politische Teilhabe für alle hier lebenden Menschen. Politik darf nicht mehr über die Köpfe der Betroffenen hinweg gemacht werden, sondern nur noch mit ihnen. Nur wenn Migrant*innen und Menschen mit internationaler Biographie in allen wichtigen Gremien mitentscheiden, werden Lösungen gefunden, die nachhaltig und mit den Menschenrechten in Übereinstimmung zu bringen sind.

Was tun Sie in Ihrer Arbeit dafür, diesen Aspekten der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte gerecht zu werden?

Der DSM setzt sich auf Landesebene für die gleichberechtigte Teilhabe aller hier lebenden Migrant*innen und Menschen mit Migrationsgeschichte am gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Leben ein. Mit dem ersten migrantischen Forderungskatalog in Sachsen haben wir uns im Vorfeld der Landtagswahl 2019 für die Belange von Menschen mit internationaler Biographie stark gemacht und durch intensive Gespräche mit allen Regierungsparteien maßgeblich den neuen Koalitionsvertrag mitgestaltet. Mit kommunalen Forderungskatalogen sowie der aktiven Mitwirkung am neuen Sächsischen Integrations- und Teilhabegesetz wollen wir diesen Weg weiter gehen und uns dafür einsetzen, dass die Menschenrechte zukünftig auch in Sachsen eingehalten werden. Zudem stärken wir durch Projekte unsere Mitglieder in ihrer Selbstermächtigung, um in der sogenannten Mehrheitsgesellschaft sichtbarer zu werden und auch verbandsintern eine nachhaltige Resilienz gegenüber zunehmenden antidemokratischen Bestrebungen zu entwickeln.


Allgemeine Erklärung der Menschenrechte - Artikel 13

  1. Jeder Mensch hat das Recht, sich innerhalb eines Staates frei zu bewegen und den Aufenthaltsort frei zu wählen.
  2. Jeder Mensch hat das Recht, jedes Land, einschließlich des eigenen, zu verlassen und in das eigene Land zurückzukehren.

Lesen Sie mehr über die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte auf www.institut-fuer-menschenrechte.de


Der Dachverband Sächsischer Migrantenorganisationen e.V. ist eine von rund 200 Organisationen, die sich der Erklärung für eine menschenrechtsorientierte Sozial- und Bildungsarbeit in Sachsen angeschlossen haben.

Ihre Organisation möchte die Erklärung ebenfalls unterzeichnen?

Senden Sie eine E-Mail an nicole.boerner(at)parisax.de oder rufen Sie an unter 0351/ 828 71 152.


Alle bereits erschienen Interviews der Reihe können Sie hier lesen.