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Menschenrechte konkret: Verbot der Diskriminierung

Logo der Erklärung für eine menschenrechtsorientierte Sozial- und Bildungsarbeit in Sachsen

In der Reihe „Menschenrechte konkret“ erzählen sächsische Organisationen der Sozial- und Bildungsarbeit, was einzelne Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte für ihre Arbeit bedeuten. Heute: Landesarbeitsgemeinschaft gewaltfreies Zuhause Sachsen zu Artikel 2 - Verbot der Diskriminierung.

Diesmal sprachen wir mit Sindy Lohberg, geschäftsführende Bildungsreferentin der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) gewaltfreies Zuhause Sachsen, über die Bedeutung des Artikels 2 und dessen Auswirkungen auf die praktische Arbeit der LAG.

Welche Rolle spielt Artikel 2 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte in Ihrer Organisation, wenn Sie an Mitarbeitende oder Zielgruppen denken?

Alle haben die gleichen Rechte! Jedem Menschen soll der Schutz vor häuslicher Gewalt und Stalking ermöglicht werden – unabhängig von Geschlecht, Sprache, Religion, politischer Überzeugung, nationaler oder sozialer Herkunft. Dieser Grundsatz leitet uns bei unserer alltäglichen Arbeit mit Betroffenen von häuslicher Gewalt und Stalking. Leider ist dies nicht in jedem Fall vollumfänglich umsetzbar. Die Hilfestrukturen sollen allen gleichermaßen zugänglich sein. Dafür setzt sich die LAG gewaltfreies Zuhause Sachsen ein.

Worin sehen Sie die größten gesellschaftlichen Herausforderungen in Bezug auf Artikel 2?

Allgemein wird häusliche Gewalt vielfach noch als Privatangelegenheit betrachtet. Das Recht auf eine gewaltfreie Partnerschaft, auf ein gewaltfreies Aufwachsen in der Familie wird noch zu wenig öffentlich thematisiert und diskutiert. Das muss sich ändern!

Zudem können persönliche Einstellungen, aber auch die vorherrschende Meinung in der Gesellschaft dazu führen, dass Frauen aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert, sogar getötet werden. Sobald es aber als akzeptabel gesehen wird, dass Gewalt gegen Frauen – physisch, psychisch, sexuell, finanziell – eine legitime Handlung ist, haben wir uns sehr weit von den Menschenrechten entfernt. Ein Umdenken und eine stetige Präsenz des Problems in der breiten Gesellschaft zu schaffen und aufrechtzuerhalten, stellt eine große Herausforderung dar.

Sobald eine Unterscheidung stattfindet in "Hilfe für diese Person möglich, für diese Person nicht", wird es ebenfalls problematisch. Es besteht eine Kluft zwischen dem Anspruch, allen gleichermaßen Schutz und Hilfe zukommen zu lassen und den vorhandenen finanziellen und strukturellen Grenzen. Alle haben den gleichen Schutz verdient. Dies kontinuierlich einzufordern, benötigt von allen viel Kraft.

Welche Lösungen für diese Herausforderungen sehen Sie?

Jede*r Einzelne sowie die Gesellschaft insgesamt sollten zunächst anerkennen, dass häusliche Gewalt und Stalking existieren und sie als Problem eindeutig benannt und bearbeitet werden müssen. Gewalt jeglicher Art ist keine akzeptable Form des Zusammenlebens. Jede*r sollte eine klare Haltung gegen häusliche Gewalt in all ihren Formen einnehmen. Dabei tragen auch die Medien eine wichtige Verantwortung.

Eine weitere konkrete Lösung, um allen Betroffenen vollumfänglich, einschränkungslos Schutz vor Gewalt zu ermöglichen, ist eine verbindliche, dauerhafte, adäquate Finanzierung und eine bundesweit einheitliche gesetzliche Verankerung der Frauenschutzeinrichtungen und der Interventions- und Koordinierungsstellen gegen häusliche Gewalt und Stalking. Damit wird die Bereitstellung finanzieller Mittel von der Freiwilligkeit in die Verpflichtung überführt. Dies muss jedoch gesellschaftlich gewollt sein.

Was tun Sie in Ihrer Arbeit dafür, Artikel 2 gerecht zu werden?

Die LAG gewaltfreies Zuhause Sachsen und jede einzelne Einrichtung betreiben Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit, um die Bevölkerung zu sensibilisieren und zu informieren. Es werden Fachtage, Wanderausstellungen und viele weitere Aktionen organisiert. Wir beziehen Stellung, wenn in den Medien häusliche Gewalt und deren Auswirkungen verharmlost werden.

In Zusammenarbeit mit Politik und Verwaltung und in unseren Netzwerken arbeiten wir stetig daran, die sächsischen Hilfestrukturen zu optimieren, auszubauen und immer wieder neue qualitativ hochwertige, effektive und innovative Lösungen für Betroffene zu finden. Nur so können wir gewährleisten, dass ohne jegliche Diskriminierung alle Betroffenen Schutz vor häuslicher Gewalt und Stalking erhalten können.


Allgemeine Erklärung der Menschenrechte - Artikel 2

  1. Jeder hat Anspruch auf die in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten ohne irgendeinen Unterschied, etwa rassistischer Art, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Überzeugung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand.
  2. Des Weiteren darf kein Unterschied gemacht werden auf Grund der politischen, rechtlichen oder internationalen Stellung des Landes oder Gebiets, dem eine Person angehört, gleichgültig ob dieses unabhängig ist, unter Treuhandschaft steht, keine Selbstregierung besitzt oder sonst in seiner Souveränität eingeschränkt ist.

Lesen Sie mehr über die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte auf www.institut-fuer-menschenrechte.de


Die Landesarbeitsgemeinschaft gewaltfreies Zuhause Sachsen -  vertreten durch Frauenschutzhaus Bautzen e.V. - ist eine von rund 200 Organisationen, die sich der Erklärung für eine menschenrechtsorientierte Sozial- und Bildungsarbeit in Sachsen angeschlossen haben.

Ihre Organisation möchte die Erklärung ebenfalls unterzeichnen?

Senden Sie eine E-Mail an nicole.boerner(at)parisax.de oder rufen Sie an unter 0351/ 828 71 152.


Alle bereits erschienen Interviews der Reihe können Sie hier lesen.