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Über Grenzen hinweg – Internationaler Freiwilligendienst als Chance für soziale Einrichtungen

Jugendliche des Internationalen Freiwilligendienstes in Polen und Tschechien (Paritätische Freiwilligendienste SachsengGmbH)

Die Grenze zwischen Sachsen und Tschechien bzw. Sachsen und Polen ist kaum spürbar. Dennoch ist die grenzübergreifende Zusammenarbeit für soziale Einrichtungen oft noch eine Ausnahme. Wir sprachen mit Gernot Mosig, Referent für den Internationalen Freiwilligendienst bei der Paritätische Freiwilligendienste Sachsen gGmbH, über die mögliche Brückenfunktion eines Freiwilligendienstes.

Herr Mosig, wie muss man sich den Internationalen Freiwilligendienst vorstellen?

Gernot Mosig: Unsere beiden binationalen Freiwilligenprogramme mit Polen und Tschechien ermöglichen es jungen Menschen aus diesen beiden Ländern sowie auch aus Deutschland, für ein Jahr in den jeweiligen Nachbarländern zu leben und zu arbeiten. Zumeist in sozialen Einrichtungen wie Kitas und Schulen, aber auch z.B. im School_Lab der TU Dresden oder im Nationalpark Böhmische Schweiz. Die Teilnehmer*innen erhalten die Chance, in einem solchen Jahr neben der Sprache auch die Kultur des jeweiligen Gastlandes kennenzulernen. Zusätzlich bieten wir eine pädagogische Begleitung in Form von fünf Seminarwochen während des Freiwilligendienstes an. Dort reflektieren wir in binationalen Gruppen die Arbeit in den Einsatzstellen, besprechen Themen rund um das interkulturelle Lernen und diskutieren über landeskundliche Aspekte.

Welchen Vorteil haben soziale Organisationen durch internationale Freiwillige und im Ausblick auch durch grenzüberschreitende Zusammenarbeit?

Gernot Mosig: Zum einen wird natürlich das Stammpersonal durch Freiwillige generell entlastet und auch die Qualität des eigenen Angebotes wird durch Freiwillige aus unserem Nachbarland gesteigert, z.B. wenn polnische Freiwillige in einer Kita durch Sprachimmersion den Kindern den Zugang zur polnischen Sprache öffnen. Zum anderen verfügt ein größerer Teil der Freiwilligen aus Polen und Tschechien bereits über einen ersten Studienabschluss, der nicht selten eine pädagogische Qualifizierung ist. Hier kommt das Thema Fachkräftegewinnung ins Spiel. Viele Freiwillige nutzen den Freiwilligendienst, um ihre deutschen Sprachkenntnisse zu verbessern, die Abläufe in Deutschland kennenzulernen und sich perspektivisch hier auch eine Existenz aufzubauen. Einrichtungen können sich somit nicht nur für die Grenzregion wichtige Kompetenzen ins Haus holen, sondern auch zukünftige Fachkräfte kennenlernen.

Wo sehen Sie besondere Herausforderungen?

Gernot Mosig: Ich möchte nicht verschweigen, dass die Einarbeitungsphase durchaus mit einem erhöhten Betreuungsaufwand verbunden ist. Die meisten Freiwilligen haben zwar schon Deutschkenntnisse, aber die Anleitenden müssen zu Beginn etwas mehr Zeit für Erklärungen investieren als es unter Umständen bei deutschen Freiwilligen nötig wäre. Nicht nur die Sprache, auch das Sozialsystem unterscheidet sich von unseren Nachbarländern. Wenn die Einarbeitungsphase abgeschlossen ist, die deutschen Regeln und Besonderheiten verstanden und die sprachlichen Hürden abgebaut sind, dann profitieren die Einsatzstellen überproportional von den Freiwilligen aus Polen und Tschechien. Sie können dann als Brückenbauer zur anderen Seite der Grenze agieren.

Welche persönlichen Erfahrungen haben Sie in der Zusammenarbeit mit den tschechischen und polnischen Kolleg*innen gesammelt, die Ihnen in der täglichen Arbeit hilfreich sind?

Gernot Mosig: Der Freiwilligendienst ist ein Lerndienst auf allen Ebenen. Nicht nur die Freiwilligen lernen, auch die Einsatzstellen und auch wir als Trägerorganisation. Der Freiwilligendienst wird auf Augenhöhe mit einer Partnerorganisationen in Polen und Tschechien koordiniert. Diese beiden Organisationen sind in dem jeweiligen Land für die Teilnehmendenakquise und die Betreuung der Einsatzstellen sowie die gemeinsame Durchführung der Seminare verantwortlich. Und da lernen wir in unserer täglichen Arbeit gemeinsam immer wieder Neues kennen, können Kompetenzen weitergeben, aber auch andere Arbeitsweisen kennenlernen und integrieren. Seit 2010 besteht unser internationales Programm und wir lernen bis heute voneinander und übereinander. Soziale Einrichtungen mit wachem Blick können diese Vorteile ebenfalls nutzen.


Informationen und Unterstützung zu diesen oder anderen Themen der Vielfalt in der Organisationsentwicklung können Mitgliedsorganisationen des Paritätischen Sachsen durch die „Paritätische Fach- und Informationsstelle für interkulturelle Öffnung und Diversität (PariFID)“ erhalten. Sie begleitet Veränderungsprozesse und berät.

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PariFID wird gefördert durch den Freistaat Sachsen im Rahmen des Landesprogramms Integrative Maßnahmen.

Förderhinweis und Logo SMGI

 

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